Viele Menschen, die sich mit der Pensionierung auseinandersetzen, äussern den Wunsch, das Eigenheim bereits zu Lebzeiten an die Nachkommen zu übertragen. Sei dies aus der Überlegung in eine Alterswohnung zu ziehen oder das Haus den Nachkommen und deren Kindern zu überlassen. Die finanziellen, rechtlichen und steuerlichen Folgen dieses Schritts, erklären wir Ihnen im folgenden Bericht, anhand des Beispiels der Familie Meier.
Ausgangslage
Herr und Frau Meier möchten das Einfamilienhaus mit der entsprechenden Eigentümerverantwortung an ihre Tochter Jana übergeben. Dabei stellen sich für die Eltern folgende Fragen:
- Wäre es besser, das Haus an beide Kinder gemeinsam zu übergeben?
- Sollen wir das Haus verkaufen oder verschenken?
- Wie hohe Schenkungen können wir uns leisten und was ist sinnvoll?
- Soll Jana ein Erbvorempfang gewährt werden oder Luca zu Lebzeiten ausgeglichen werden?
- Wann ist der ideale Zeitpunkt?
- Soll das Haus allenfalls erst beim Tod des zweitversterbenden Ehegatten übergehen?
- Wäre ein Wohnrecht oder eine Nutzniessung eine optimale Lösung?
- Was löst welche Steuern aus und in welcher Höhe?
- Was passiert mit Schenkungen beim Heimeintritt, werden dann unsere Kinder allenfalls zur Kasse gebeten?

Persönlicher Finanzplan
Ein Finanzplan zeigt die langfristige Einkommens- und Vermögensentwicklung inkl. Steuerfolgen auf. Aufgrund eines Finanzplans haben sich Herr und Frau Meier bereits acht Jahre vor der Pensionierung mit der Optimierung ihres Ruhestands auseinandergesetzt. Weitere Informationen zum Finanzplan finden Sie im separaten Factsheet: «Persönlicher Finanzplan: Selten zu früh – oft zu spät».
Mit dem Finanzplan wird für das Ehepaar Meier unter anderem berechnet, wie sich die Ausgaben und das Vermögen verändern, wenn das Haus zum Wert der Hypothek (CHF 300’000) gegen Einräumung eines Wohnrechts an die Tochter Jana übertragen wird. Die Hypothekarzinsen von jährlich CHF 6’000
(2 % auf CHF 300’000) und der Liegenschaftsunterhalt von CHF 7’000 fallen künftig nicht mehr bei den Eltern, sondern bei der Tochter Jana an. Beim Ehepaar Meier stehen demnach mehr finanzielle Mittel zur freien Verfügung, welche für eine allfällige Wohnungsmiete einzusetzen wären. Die Renteneinnahmen von jährlich mehr als CHF 90’000 decken die Ausgaben, so dass für den Lebensunterhalt kein Kapital verzehrt wird.
Aus dem Finanzplan ergibt sich, dass mit der Liegenschaftsübertragung an Jana, jedem Kind eine Schenkung von rund CHF 70’000 gemacht werden kann. Auch die steuerlichen Auswirkungen werden im Finanzplan dargestellt. Neben den finanziellen und steuerlichen Optimierungen gibt der Finanzplan Herr und Frau Meier Sicherheit, die richtigen Massnahmen im richtigen Zeitpunkt einzuleiten, damit sie keine Termine verpassen und verbindliche Fristen einhalten.
Ergänzungsleistungen beim Heimeintritt
Herr und Frau Meier erkundigen sich, ob sie fünf Jahre nach der teilweisen Schenkung des Hauses mit Ergänzungsleistungen (EL) rechnen können. Die Fünfjahresfrist gilt bei den Erbschaftssteuern, jedoch nicht bei den EL. Verschenktes Vermögen wird bei der EL-Berechnung generell behandelt, als ob es noch da wäre, reduziert sich jedoch um CHF 10’000 pro Person pro Jahr.
Konkret heisst dies, dass beim Ehepaar Meier die Schenkungen von total CHF 140’000 erst nach sieben Jahren bei der EL-Berechnung nicht mehr berücksichtigt werden. Zu beachten gilt, dass alleinstehende Personen mit einem Vermögen von mehr als CHF 100’000 und Ehepaare mit einem Vermögen über CHF 200’000 künftig keinen EL-Anspruch mehr haben. Angenommen, das Ehepaar Meier würde in sechs Jahren in ein Alterszentrum eintreten, würde sich die EL-Berechnung in etwa folgendermassen präsentieren:

In den darauffolgenden Jahren werden die Ergänzungsleistungen ansteigen, weil einerseits das Vermögen verzehrt und andrerseits die Anrechnung der Schenkungen weiter um CHF 20’000 pro Jahr reduziert wird. Sobald die Schenkungen vollständig «amortisiert» sind und das Vermögen unter CHF 50’000 sinkt, steigen beim Ehepaar Meier die EL-Beiträge auf CHF 48’200 pro Jahr an.
Auf der anderen Seite zeigt diese Berechnung, dass es zu Liquiditätsproblemen führen kann, wenn das Vermögen durch Schenkungen stark reduziert wird. Seit dem 1. Januar 2021 bezogene Ergänzungsleistungen sind nach dem Tod des zweitversterbenden Ehegatten für die letzten zehn Jahre (ab 2021) aus dem Nachlass zurückzuerstatten, sofern der Nachlass CHF 40’000 übersteigt. Falls eine selbstbewohnte Liegenschaft in den Nachlass fällt und nicht genügend liquide Mittel für die Rückerstattung der Ergänzungsleistungen vorhanden sind, ist die Liegenschaft zu verkaufen.
Verwandtenunterstützung
Die Familie Meier hat Respekt davor, dass die Ergänzungsleistungen nicht ausbezahlt werden und dass die beiden Nachkommen für den Unterhalt der Eltern aufzukommen haben. Die Unterstützungspflicht von Verwandten in auf- und absteigender Linie (Kinder-Eltern-Grosseltern) ist im ZGB geregelt. Weder pflichtig noch unterstützungsberechtigt sind Geschwister, Stiefeltern, Stiefkinder sowie verschwägerte Personen. Jana und Luca haben im vorliegenden Fall nichts zu befürchten, weil die EL als Sozialversicherung der familienrechtlichen Unterstützungspflicht vorgeht. Andrerseits sind die Hürden relativ hoch, dass Familienangehörige zur Kasse gebeten werden: Entweder übersteigt das steuerbare Einkommen CHF 120’000 oder das steuerbare Vermögen CHF 250’000. Diese Beträge gelten für Alleinstehende. Bei Verheirateten und Personen mit Kindern erhöhen sich die beiden Beträge.