Ordentlich oder eingeschränkt prüfen?
Neben der «ordentlichen Revision» gibt es auch die sogenannte «eingeschränkte Revision». Wann welche Revisionsart anzuwenden ist, ergibt sich aus der Grösse der Organisation.
Eine ordentliche Revision ist erforderlich, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der folgenden Schwellenwerte überschritten werden: Bilanzsumme >CHF 20 Mio., Umsatz >CHF 40 Mio., Vollzeitstellen >250.
Zudem ist eine ordentlichen Revision notwendig, wenn:
- eine Konzernrechnung erstellt werden muss
- die Gesellschaft börsenkotiert ist
- Anleihensobligationen ausstehend sind
- Aktionäre, die zusammen mindestens 10% des Aktienkapitals vertreten, dies verlangen
- die Statuten eine ordentliche Revision vorsehen, oder
- es die Generalversammlung beschliesst
Unternehmen, welche die obgenannten Kriterien nicht erfüllen, unterstehen nicht der ordentlichen Revision, sondern können eingeschränkt geprüft werden.
Wann kann auf eine Revision verzichtet werden?
Kleinunternehmen können auf eine Revision gänzlich verzichten – das so genannte Opting-Out wählen – wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:
- Keine Pflicht für eine ordentliche Revision (siehe oben)
- Sämtliche Gesellschafter stimmen zu
- Nicht mehr als 10 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt
- Die Statuten sehen die Möglichkeit eines Opting-Out vor
Dieser Verzicht gilt auch für die folgenden Jahre. Jeder Gesellschafter hat jedoch das Recht, spätestens 10 Tage vor der GV eine eingeschränkte Revision zu verlangen (GV muss dann Revisionsstelle wählen).
Wenn Voraussetzung für Opting-Out wegfällt
Falls nicht mehr alle Voraussetzungen für das Opting-Out erfüllt sind, ist zwingend eine Revisionsstelle zu wählen. In der Praxis ist dies meist der Fall, wenn aufgrund des Wachstums der Schwellenwert «10 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt» überschritten wird. Damit die Bilanzleser (wie Gesellschafter, Kreditgeber etc.) beurteilen können, ob die Voraussetzungen für das Opting-Out erfüllt sind, ist im Anhang zur Jahresrechnung offenzulegen, ob der Schwellenwert «10 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt» überschritten wurde oder nicht.
Verwaltungsrat legt die Revisionsart fest
Die Ausgestaltung des Rechnungswesens, Erstellung der Jahresrechnung sowie die Oberaufsicht betreffend Befolgung von Gesetz und Statuten obliegt dem obersten Verwaltungsorgan der Gesellschaft. Bei der AG ist dies der Verwaltungsrat, bei der GmbH die Geschäftsführung und bei der Genossenschaft der Vorstand. Dieses oberste Verwaltungsorgan muss jährlich prüfen, ob die Voraussetzungen für das Opting-Out gegeben sind.
Wird trotz dem Überschreiten der Kriterien keine Revisionsstelle gewählt, begeht das oberste Verwaltungsorgan eine Pflichtverletzung. Im Geschäftsalltag mag dieser «Organisationsmangel» keine grossen Auswirkungen haben. Einmal jährlich aber ganz bestimmt! Der Beschluss über die Genehmigung der Jahresrechnung und – noch gravierender – der Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinnes sind dann nämlich nichtig (nicht zu Stande gekommen). Eine Überwachung durch Dritte (z.B. Steueramt, Handelsregister, Kreditgeber) erfolgt nach heutigem Recht nicht. Auch wenn dies faktisch «Wo kein Kläger, kein Richter» heisst, kann es in jenen Fällen, bei welchen die Gesellschaft in Schwierigkeiten gerät und als Folge davon Gläubiger zu Schaden kommen, für das Verwaltungsorgan sehr unangenehm werden (Organhaftung wegen Pflichtverletzung). Noch ungemütlicher kann es werden, wenn im Anhang der Jahresrechnung über die Vollzeitstellen falsch informiert wurde. Bei der Jahresrechnung handelt es sich um eine Urkunde, womit der Tatbestand der Urkundenfälschung im Raum steht.
Welchen Nutzen bringt die Revisionsstelle?
Durch ein Opting-Out können bei einer rudimentären Betrachtung finanzielle und personelle Ressourcen gespart werden. Bei einer neu gegründeten Gesellschaft mag dieses Argument in der Startphase nachvollziehbar sein. Dabei wird aber der Mehrwert, welcher mit der Prüfung der Jahresrechnung in der Regel geschaffen wird, ausgeblendet:
- Sicherheit, dass Buchführung qualitativ einwandfrei ist
- Unabhängiges Hinterfragen des ausgewiesenen Unternehmenserfolges
- Aufzeigen von Optimierungsmöglichkeiten (Steuern, Vorsorge, Organisation etc.)
- Höheres Vertrauen gegenüber Gesellschaftern, Kreditgebern und Behörden
- Wertvoller Beitrag zur Wahrnehmung der Verantwortung durch den Verwaltungsrat
Fazit
Der Verzicht auf eine Revisionsstelle (Opting-Out) sollte nicht nur aus dem gesetzlichen Blickwinkel entschieden werden. Je nach Konstellation bedeutet die vermeintliche Kosteneinsparung auch den Verzicht auf Zusatznutzen, welcher die Rvisionsstelle dem Unternehmen und vor allem den Verantwortlichen im Unternehmen bieten kann.
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