Hintergrund und Zielsetzung
Das Parlament verabschiedete im März 2022 das Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses mit dem Ziel, Schuldnerinnen und Schuldner daran zu hindern, sich durch missbräuchliche Konkurse ihrer finanziellen Verpflichtungen zu entledigen. Die neuen Bestimmungen sollen verhindern, dass Unternehmen Konkursverfahren missbrauchen, um sich Schulden oder Lohnzahlungen zu entziehen oder unfaire Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Ferner sollen die systematischen Konkurse (sogenannte Kettenkonkurse) verhindert werden.
Zentrale Neuerungen
1. Einschränkung des Opting Outs
Die Möglichkeit für kleine Unternehmen, auf eine eingeschränkte Revision zu verzichten (Opting Out), wird stärker reguliert. Seit 1.Januar 2025 kann ein Opting Out nur noch für zukünftige Geschäftsjahre, und zwar vor Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres sowie unter Vorlage der letzten revidierten Jahresrechnung im Handelsregister eingetragen werden.
2. Regelung des sogenannten Mantelhandels
Werden Aktien oder Stammanteile von Gesellschaften ohne Geschäftstätigkeit übertragen, war das bisher schon gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nichtig. Neu regelt das Obligationenrecht ausdrücklich, dass dies so ist, wenn eine Gesellschaft neben der fehlenden Geschäftstätigkeit auch keine verwertbaren Aktiven mehr hat und sie überschuldet ist. Die Handelsregisterämter werden ermächtigt, bei Verdachtsfällen entsprechende Unterlagen einzuverlangen.
3. Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen
Wer schon Mal einen Betreibungsregisterauszug eines säumigen Schuldners eingeholt hat, der kennt es: Die meisten gelisteten Forderungen betreffen AHV-Beiträge und Steuern. Grund dafür ist, dass diese Forderungen bisher nur der Pfändung, nicht aber der Konkursbetreibung unterlegen haben und Schuldner daher häufig diese Forderungen zulasten der Allgemeinheit nicht bezahlt haben. Neu werden auch diese Forderungen bei im Handelsregister eingetragenen Schuldnern über ein Konkursverfahren statt durch Pfändung eingetrieben. Dies kann für Unternehmen und Selbständige weitreichende Folgen haben, da bei Nichtzahlung nach einem Betreibungsverfahren das Konkursverfahren eröffnet werden kann.
4. Verbesserte Personensuche im Handelsregister
Neu soll eine zentrale Datenbank für die Suche nach natürlichen Personen und deren Verbindungen zu im Handelsregister eingetragenen Rechtseinheiten geschaffen werden. Das soll die Transparenz und Nachverfolgbarkeit von Unternehmensaktivitäten von Einzelpersonen verbessern und verhindern, dass die unrühmliche Vergangenheit (Kettenkonkurse) nicht mehr verschleiert werden kann.
Auswirkungen auf Unternehmen
Die neuen Bestimmungen haben erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen. Der Verzicht auf eine Revisionsstelle muss neu im Voraus antizipiert werden und insbesondere die Änderungen bei der Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen können zu einer schnelleren Eröffnung von Konkursverfahren führen. Unternehmen müssen daher ihre Zahlungspraktiken und finanziellen Verpflichtungen sorgfältig überwachen, um nicht in die Gefahr eines ungewollten Konkurses zu geraten.
Fazit
Die neuen Gesetzesbestimmungen zur Bekämpfung missbräuchlicher Konkurse stellen einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Rechtssicherheit und des fairen Wettbewerbs in der Schweizer Wirtschaft dar. Die Hürden für missbräuchliche Praktiken werden dadurch erhöht und die Position der Gläubiger wird gestärkt. Gleichzeitig stellt es Unternehmen vor neue Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die strikte Einhaltung ihrer finanziellen Verpflichtungen und einer vorausschauenden Finanzplanung. Diese und ein proaktives Management von Verbindlichkeiten werden in Zukunft noch wichtiger, um unbeabsichtigte Konkurssituationen zu vermeiden. Es bleibt abzuwarten, ob die Massnahmen tatsächlich zu einer signifikanten Reduzierung missbräuchlicher Konkurse führen und wie sie sich auf die allgemeine Unternehmenslandschaft in der Schweiz auswirken werden.